Das Naturschutzgebiet Höllengraben zwischen Altstadt und Beeden

 

Wo sich der rote Zacharias weiland schnurstracks zum Teufel scherte.


Dass es denn strengstens verboten sei, das Terrain im Tale zu betreten, darauf weist eigens ein Schild hin. Begründet wird die Vorschrift in epischer Breite, Naturschutzgebiet sei das Areal um den Höllenbrunnen nämlich und um alles, was da an Raritäten kreucht und fleucht, vor Störungen und Nachstellungen zu bewahren, soll per amtliches Dekret jedwedes Vordringen vermieden werden. Aber ein solcher Abstecher verbietet sich schon von selber, denn der sumpfige Morast in diesem zur Altstadter Flur gehörigen Auenteil der Blies ist ohnehin schwerlich begehbar, schnell läuft man Gefahr, knietief und tiefer in den „Schlammassel“ zu geraten.

Uralte Sagen erzählen davon, dass dieser so genannte „große Brunnen“ seit Alters her mit besonderer Vorsicht zu genießen sei. So soll der „Rote Zacharias“, seines Zeichens Henker von Berufs wegen, dereinst just an dieser Stelle schnurstracks zum Leibhaftigen gefahren sein, nachdem er ein zu Unrecht verhängtes Todesurteil wider besseres Wissen und aus gekränkter Eitelkeit auf dem Galgenberg vollstreckt hatte. Auch soll eine Hochzeitskutsche samt Pferden und Brautpaar an jener Stelle versunken sein. Im Licht der ersten Sonnenstrahlen seien, so heißt es, die Umrisse des Fuhrwerks in den tiefen Wassern noch zu sehen. Und eine weißgewandete Braut schwebe seither in nebligen Nächten spukend über die Quelle: Eine Mär, die wohl auch nichts anderes als ein Verbot war und zur Abschreckung allzu vorwitziger Sprösslinge diente.  


Nur bei wirklich festem Frost lässt sich die Umgebung des „Höllenbrunnens“ näher unter die Lupe nehmen. Nach wie vor entspringt dem Sumpfboden das feuchte Element reichlich. Nicht zufällig wurde hier früher Torf abgebaut, nicht zufällig finden sich in der Umgebung zahlreiche Pumpstationen, über die das sattsam vorhandene Grundwasser gefördert werden soll- die nächste nicht einmal einen Katzensprung entfernt.

Wo der Überlieferung nach dereinst der Altstadter Henker zum Teufel gefahren ist, entspringt heute der Höllenbrunnen. Nur bei festem Frost lässt sich die Quelle näher erkunden.

Im Gegensatz zu diesen künstlichen Brunnen sprudelt der Höllenbrunnen aber ganz natürlich, der „Höllengraben“ der dem großen Naturschutzgebiet zwischen Altstadt und Beeden den Namen geliehen hat, wird damit gespeist. Zwar wurde der Bachlauf vor Jahrzehnten zwecks Entwässerung des Areals in eine Betonrinne gezwängt, aber die ist im geschützten Bereich längst Makulatur und kaum mehr auffindbar. Nur dort, wo der Bach für ein paar Dutzend Meter noch durch bewirtschaftetes Grünland verläuft, ist seine Verbauung noch erkenntlich, bis er dann ganz in ein unterirdisch verlegtes Rohr verschwindet.

Doch zurück zur Quelle: In feuchter Jahreszeit hat sie wohl gut und gerne 20 Meter Durchmesser. Und um sie herum hat sich ein Feuchtbiotop entwickelt, das überregional von besonderem Rang ist. Große Schilfröhrichte, Hochstaudenfluren und Auwälder bieten allerlei bedrohten Spezies Refugien. Hubert Weyers, der vor zwei Jahren verstorbene passionierte Ornithologe aus Homburg, hatte den Höllengraben stets fest im Visier und führte akribisch Buch über seine Vogelwelt. Rohrweihe, Wasserralle, Wachtelkönig, Bekassine, Braunkehlchen oder Pirol waren letztlich ausschlaggebend dafür, dass das Gebiet um den Höllengraben vor 20 Jahren unter Naturschutz gestellt wurde.

Im Licht der Sonnenstrahlen seien, so heißt es, im Wasser die Umrisse
einer versunkenen Kutsche zu sehen, eine weißgewandete Braut schwebe
in nebligen Nächten über der Wasserfoberfläche. Besonders bei den
häufigen Hochwassern der Blies bietet der „Höllengraben“ ein markantes Bild.

Text und Foto: Martin Baus

Wiederansiedlungsprogramm für den Laubfrosch

Am Höllengraben macht es bald wieder äpp..äpp..äpp

Hyla Arborea heißt der Winzling auf Fachchinesisch, ist gerade mal um die zehn Gramm schwer und obendrein auch noch grasgrün. Er lebt üblicherweise im Wasser, klettert behende aber auch auf hohe Bäume und wenn es nicht anders geht auch glatte Betonwände senkrecht nach oben. Er wurde früher als Wettervorhersager in Gläsern gehalten, aber ausgestorben ist er im Saarland schon urlange. Das soll aber bald vorbei sein, denn wenn alles nach Plan läuft, wird der Vierbeiner hierzulande bald wieder "eingebürgert".

Ach ja, vom Laubfrosch ist die Rede, jenem putzigen kleinen Lurch, der in die Fußstapfen von Weißstorch und Biber treten soll. Auch für diese beiden Arten laufen seit geraumer Zeit an Blies, Prims und Ill spezielle Ansiedlungsprogramme. Sein neues Zuhause soll der Hüpfer am "Höllengraben", jenem großen Feuchtbiotop, das sich als ausgewiesenes Naturschutzgebiet zwischen Altstadt und Beeden erstreckt, finden. "In diesem Teil der Bliestalaue finden sich genau die Lebensräume, die der Laubfrosch für sich benötigt", informierte der Zoologe Christoph Bernd. Er war zu Besuch beim Altstadter Naturschutzbund, um eigentlich ganz allgemein über die "Biologie einheimischer Amphibien" zu berichten. Dass der Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft "Amphibien- und Reptilienschutz im Saarland" eine solche Nachricht mit im Gepäck hatte, war für den Altstadter Umweltverband doch eine nicht wenig überraschende Neuigkeit, zumal auch vereinseigenes Terrain davon betroffen sein wird. "Äpp ... äpp ... äpp ...", macht der Laubfrosch ziemlich laut und ziemlich schnell, nämlich so vier- bis sechsmal in der Sekunde.

Bis am Höllengraben aber ein vielstimmiger Froschchor sein erstes Konzert dieser Art bei Sonnenuntergang zu Gehör bringen kann, wird unterdessen noch einige Zeit ins Land ziehen. "Ausgebürgert werden nämlich nur Kaulquappen, und zwar in jedem Jahr ein gewisses Kontingent von ein paar Hundert Exemplaren. Diese 'Mollekepp" stammen im übrigen nicht aus freier Wildbahn, sondern werden bei Züchtern in Nordrhein-Westfalen gekauft", informiert Christoph Braunberger vom Umweltdezernat des Saarpfalz-Kreises. Dort laufen bei diesem Ansiedlungsprojekt die Fäden zusammen. Zwar werden aus den Larven im Laufe des Sommers Jungfrösche, bis die aber geschlechtsreif sind und sich von selber weiter vermehren, dauert es wiederum drei Jahre. So lange sollen denn auch die von spezialisierten Terraristen erworbenen Kaulquappen ausgesetzt werden.

"Vornehmlich Flusstäler mit ihren Auen, das ist der angestammte Lebensraum dieser Froschart. Feuchte Laubmischwälder mit eingestreuten Tümpeln und Teichen, dazu Schilfröhrichte und Hochstauden, üppiges Buschwerk, wenn das alles zusammenkommt, ist es optimal", skizziert Christoph Bernd die erforderlichen Lebensbedingungen.

Auwald am Höllengraben zwischen Altstadt und Beeden: Mit hohen und niedrigen Laubbäumen, Tümpeln, Teichen und Schilfröhrichten bietet das sonnenexponierte Naturschutzgebiet zwischen Altstadt und Beeden gute Bedingungen für die "Wiedereinbürgerung" des Laubfrosches. Bald sollen hier die ersten "Mollekepp" ausgesetzt werden.

Am Höllengraben sei derlei in Hülle und Fülle vorhanden, und auch in Sachen Sonnenenergie ist das Naturschutzgebiet ideal ausgestattet - die Hangkante ist zumeist in Richtung Süden orientiert und das gefällt vor allem den Nachwuchs, der auf Sonnenbäder steht, besonders gut. Zum überwintern graben sich Laubfrösche im übrigen in feuchten Senken, aber auch in recht trockenen Boden ein, so dass sie vor starkem Frost sicher sind.

"Das nächste größere Vorkommen in unseren Breiten gibt es am Rhein bei Philippsburg", informiert der Amphibienexperte aus Kleinottweiler, der selbst auch Eidechsen in Terrarien züchtet, weiter, wie sehr die früher doch recht häufige Art in ihren Vorkommen zurückgedrängt wurde.

Risiken und Gefahren im neuen Domizil am "Höllengraben" ? "Nun ja, wir wissen noch nicht genau, wie sich die Überschwemmungen der Blies auswirken. In diesem Winterhalbjahr hatten wir ja schon fünf Hochwässer, die das Naturschutzgebiet teilweise recht hoch überfluteten. Wir müssen dabei erst noch Erfahrungen sammeln, in welchem Maße dabei Fische in die potenziellen Laichgewässer importiert werden. Fische wären der größte Feind der Froschlarven, die fressen sie mit Vorliebe", meint Christoph Braunberger. Wie realistisch dieses Risiko wirklich ist, sei allerdings absolut noch nicht einzuschätzen. Wenn demnächst also die ersten Kaulquappen "ausgewildert", will heißen frei gelassen werden, dann sind sie in dieser Hinsicht zumindest auch eine Art Versuchskaninchen.

Text und Fotos: Martin Baus